Offener Brief an Daniel Resch und Robert Wutzl, ÖVP Döbling

Sehr geehrter Bezirksvorsteher Resch!
Sehr geehrter Bezirksvorsteher-Stellvertreter Dr. Wutzl!

Ich habe jetzt gerade Ihren Brief (Datum: Juni 2024) mit dem Titel “Mega-Baustelle Radhighway Krottenbachstraße” in meinem Briefkasten vorgefunden, und möchte auch Ihnen antworten, so wie ich es schon am 24. Juli 2023 in meinem Posting an den FPÖ-Bezirksparteiobmann Klemens Resch getan habe.

Es nervt mich wahnsinnig, dass immer noch behauptet wird, dass 72% der Anrainerinnen und Anrainer “laut Umfrage” sich gegen den Radweg entlang der Krottenbachstraße ausgesprochen haben. Ich habe nachgerechnet, es waren nur rund 26% der Anrainerinnen und Anrainer, die sich bei dieser Umfrage negativ über den geplanten Radweg geäußert haben. Ich habe meine Rechenschritte in dem Blog-Post “Mathematik-Nachhilfe für den Döblinger FPÖ-Bezirksparteiobmann Klemens Resch” nachvollziehbar dargelegt.

Ihren Brief empfinde ich als einen meiner Meinung nach schlecht durchdachten, regelrecht hysterischen Versuch, die Wählerinnen und Wähler für die Nationalratswahl im September 2024 zu mobilisieren, aber die in dem Brief vorgebrachten Argumente gegen den Radweg fallen für mich in die Kategorie “viel Lärm um Nichts” — und es stimmen eben auch die Zahlen nicht.

“Mega-Baustelle” — na und, dann haben wir halt ein paar Monate lang eine Mega-Baustelle. Das wäre nicht das erste Mal. Ich wohne mitten drin in dieser Mega-Baustelle, an der Kreuzung Sollingergasse/Saileräckergasse, wo jetzt Einbahnen “umgedreht” wurden und der Verkehr umgeleitet wird. Das ist doch lächerlich, über so etwas rege ich mich doch nicht auf. Glauben Sie wirklich, dass WählerInnen so leicht zu manipulieren sind und ihre Meinung an der Wahlurne nur deshalb ändern, weil es jetzt ein paar Monate lang eine große Baustelle gibt?

“Keine Parkplätze mehr vor Post, Supermarkt, Trafik, Apotheke oder Arzt” – gehen wir diese Geschäfte einzeln durch:

Post: Direkt vor der Post gibt es einen Zebrasteifen und vis à vis gibt es Parkplätze.

Supermarkt: Der einzige Supermarkt, der vom Wegfall der Parkplätze betroffen ist, ist “Billa Plus” an der Adresse Krottenbachstraße 82-88, und da gibt es eine Tiefgarage, in der KundInnen des Supermarkts für einen bestimmten Zeitraum gratis parken können.

Arzt (PVZ): PatientInnen, die diese Arztpraxis aufsuchen und gehbehindert sind, fahren ja sowieso nicht selbst Auto, sie werden in der Regel von Familienmitgliedern oder FreundInnen zum Arzt geführt oder von einem Fahrdienst, sie suchen also nicht selbst Parkplätze. Man kann diese Patientinnen problemlos direkt am Eck in der Rodlergasse aussteigen lassen. Der erste Parkplatz links in der Rodlergasse, direkt am Eck zur Krottenbachstrasse, wurde vor einiger Zeit bereits in einen Behindertenparkplatz umgewandelt, was ich super finde, und was sicher mit der Arztpraxis zu tun hat. Man könnte aber auch den Parkplatz direkt dahinter zu einer zusätzlichen Haltezone/Einstiegs-Ausstiegszone mit 15-minütiger Parkerlaubnis erklären und das Problem wäre gelöst — die gehbehinderten PatientInnen könnten direkt bei der Praxis in einer Haltezone aus dem Auto aussteigen. Alle anderen PatientInnen, die nicht gehbehindert sind, müssen sich einen Parkplatz suchen und dann zu Fuß zur Arztpraxis gehen. Zu Fuß gehen fördert die Gesundheit. Kümmern Sie sich bitte darum, dass so ein spezieller Parkplatz, der nur als Haltezone dient, dort eingerichtet wird. Ich will von PolitikerInnen Lösungen präsentiert bekommen und nicht immer nur Gejammere darüber hören, dass sich etwas ändert. Das gilt nicht nur für diese Situation, sondern das wünsche ich mir ganz grundsätzlich von allen PolitikerInnen aller Parteien: Weniger jammern, mehr Lösungen präsentieren.

Trafik: Ich habe zwei Hunde und gehe sehr oft daran “Gassi” vorbei — Sie glauben gar nicht, wie oft auch jetzt schon Menschen vor allem zeitig in der Früh bzw. in der Nacht widerrechtlich dort kurz in einer Garageneinfahrt halten, aus dem Auto springen, und sich am Zigarettenautomaten Zigaretten kaufen. Daran wird sich nichts ändern, auch nicht, wenn es einen zusätzlichen Radweg gibt. Sehr selten gehören die Autos, die vor der Trafik (oder vor der Arztpraxis) halten, denjenigen Personen, die in die Trafik oder die Arztpraxis gehen. Das sind meistens Autos, die für längere Zeit dort parken.

Apotheke: Die Apotheke befindet sich direkt am Eck Krottenbachstraße/Sollingergasse und auch da parken die AutofahrerInnen, die in die Apotheke gehen, jetzt vornehmlich illegal, nämlich direkt am Eck, wo eigentlich gar nicht geparkt werden dürfte. Sie stellen die Autos einfach halb in die Kreuzung hinein, weil sie zu faul sind, sich einen Parkplatz zu suchen. Aber auch da gibt es ja die Möglichkeit, den ersten Parkplatz links am Beginn der Sollingergasse für Apothekenbenützerinnen und -benützer untertags zu reservieren und diesen einen Parkplatz z. B. mit einer Parkdauer von 15 Minuten zu begrenzen.

Bezüglich des Punktes “Verschmälerung der Gehsteige”: Das ist nicht tragisch, die Gehsteige sind breit genug, die können ruhig ein bisschen verschmälert werden – und ich bin meistens mit 2 Hunden unterwegs. Der Radweg geht ja jetzt schon bis zur Flotowgasse und es ist herrlich. Denn zuvor fuhren die Autos direkt an dem Gehsteig vorbei, jetzt gibt es eine Pufferzone in Form des Radweges, die das Zu-Fuß-Gehen viel angenehmer macht. Ich fühle mich beim Gehen auf dem Gehweg jetzt viel sicherer und ich habe auch das Gefühl, dass die Autos jetzt ein bisschen langsamer fahren. Die Gegend entlang der Krottenbachstraße wurde “entschleunigt” – und das ist wunderbar!

Bezüglich des Punktes “Wartehäuschen werden entfernt und Busstationen verlegt” verstehe ich nicht, wieso die Verlegung des Bushaltestellen ein Problem sein soll. Die Änderungen sind positiv! Die Verlegung der Bushaltestelle Flotowgasse, die um einen halben Block stadtauswärts verlegt wurde, ist sinnvoll. Davor lagen ja nur zirka 1,5 Straßenblöcke zwischen den Stationen “Krottenbachstraße” und “Flotowgasse” des Busses 35A stadtauswärts. Jetzt ist es ein halber Block mehr, was viel mehr Sinn macht.

Dass es jetzt keine Wartehäuschen mehr geben wird (temporär?), können auch ältere Menschen – ich bin 57 Jahre alt – verschmerzen. Wir sind keine wehleidige Generation, im Gegenteil, wir sind hart im Nehmen. Ich empfinde es als äußerst negativ, wenn PolitkerInnen versuchen, mit unwichtigen Kleinigkeiten mein Stimmverhalten zu manipulieren, sich aber nicht um die “großen” Dinge kümmern.

Bezüglich des Punktes “Kein Vorbeifahren am Bus mehr, wenn er in der Haltestelle steht”. ENDLICH! ENDLICH! ENDLICH! Sie glauben gar nicht, wie sehr ich mich darüber freue. Immer wieder überholen Autos die Busse an der Haltestelle Rodlergasse (Richtung stadteinwärts), während der Bus in der Station steht und Menschen ein- und aussteigen. Das ist unglaublich gefährlich, weil die Autos, die den Bus überholen, beim Überholen die Fahrspur wechseln müssen. Das ist wirklich ein Wahnsinn und ich war überglücklich, als ich in Ihrem Brief gelesen habe, dass jetzt damit Schluß ist.

Bezüglich Parkplätze allgemein: Es gibt genug freie Parkplätze. Ich gehe oft sehr früh “Gassi”, auch mitten in der Nacht, und es sind eigentlich immer Parkplätze frei. Außerdem gibt es in der Saileräckergasse eine Tiefgarage, da werden freie Parkplätze vermietet – und es gibt dort freie Stellplätze.

Ich selbst bin in meiner Jugend viel Rad gefahren, fahre aber seit langem nicht mehr mit dem Fahrrad. Trotzdem empfinde ich den Radweg als eine unglaubliche Bereicherung. Als Eigentümerin einer Wohnung freue ich mich alleine schon deshalb darüber, weil der Radweg den Wert der Wohnungen entlang des Radwegs positiv beeinflusst.

Was fehlt ? Mehr Möglichkeiten, um Fahrräder sicher abzustellen. An der Ecke Budinskygasse/Saileräckergasse wurde zwar vor zirka zwei Jahren ein Fahrradständer für mehrere Fahrräder angebracht, aber der ist fast immer voll. Da braucht es noch mehr öffentliche Fahrradständer in meinem “Grätzl”.

Abschließend möchte ich kritisch anmerken, dass mir die Hysterie der ÖVP (und FPÖ) bezüglich des Radwegs in der Krottenbachstraße jetzt wirklich schon gehörig auf die Nerven geht. Wenn ich an die ÖVP denke, ist meine erste Assoziation “Partei der Ewiggestrigen”. Immer wird geblockt, auf jede kleine geplante Veränderung wird regelrecht hysterisch reagiert. Veränderung gehört zum Leben. Wir leben in einer Welt, in der sich derzeit alles ändert. COVID-Pandemie, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Hamas-Terrorismus und Angriffskrieg der Hamas gegen Israel. Dazu Klimawandel in einem derartig großen Ausmaß, dass er nicht mehr aufzuhalten ist, und zum Drüberstreuen kommt dann noch die Profitgier der großen Unternehmen, die aus den Krisen Profit zu schlagen versuchen und Preistreiberei begehen.

Glauben Sie wirklich, dass Sie mit Panikmache gegen ein paar Parkplatzverluste in Döbling die Wählerinnen und Wähler mobilisieren und sie zu einer Änderung ihres Stimmverhaltens bei den Nationalratswahlen im Herbst 2024 bewegen können? Es gibt doch wirklich wichtigere Probleme, um die sich Ihre Partei kümmern könnte! Bei den EU-Wahlen im Juni 2024 hat die ÖVP Döbing viele Wählerinnen und Wähler verloren, die meisten Stimmen bekam die SPÖ Döbling, aus “türkis” wurde “rot”.

Das sollte Ihnen eigentlich zu denken geben — es stimmt einfach nicht, dass 72% der Anrainerinnen und Anrainer gegen den Radweg entlang der Krottenbachstraße sind. Ich will das jetzt bitte in keinem Brief und in keiner öffentlichen Kommunikation mehr lesen müssen, von keiner Partei. Ich will von allen Parteien ehrliche, fakten-basierte Informationen bekommen und ärgere mich jedes Mal, wenn ich sehe, dass statistische Zahlen nicht korrekt präsentiert werden.

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