In meinem letzten Artikel habe ich einführend darüber geschrieben, wie ich Recherchen durchführe, wenn es um die Frage geht, ob man als einzelne/r Wohnungseigentümer/in die Baupolizei einschalten kann. Denn die Baupolizei kann eine Hausverwaltung in bestimmten Fällen dazu zwingen, Maßnahmen zu ergreifen.
In diesem Artikel möchte ich von meiner ersten Anzeige bei der Baupolizei erzählen, das ist schon mehrere Jahre her, die Anzeige erstattete ich im April 2016. Ich schrieb damals Folgendes in meinem Brief: “Ich bin vor jetzt schon fast drei Jahren, als es stark geschneit hat und es sehr eisig war, auf dem Gehsteig vor dem Haus – direkt vor einer der Dachrinnen – ganz stark ausgerutscht, weil sich am Fuß der Dachrinne eine Eisfläche gebildet hatte, die zirka einen halben Meter lang war. … der Grund für die Vereisung des Gehsteigs liegt meiner Meinung nach in den [Anm. Tippfehler: der] rostigen Dachrinne – und die wurde bisher nicht repariert oder ersetzt. … in dieser Sache besteht ja eine Gefahr für Menschen, die sich verletzten können, wenn sie auf einer größeren Eisfläche ausrutschen. Ich maile Ihnen anbei ein Foto dieser Dachrinne.”
Warum wartete ich mehrere Jahre lang, bis ich Anzeige erstattete? Die Baupolizei war damals eine Behörde, von deren Existenz ich zwar wußte, aber mir war nicht klar, wie groß ihre Macht über Hausverwaltungen ist und daß ich die Baupolizei “zu Hilfe rufen” könnte.
Heute ist mein erster Gedanke immer gleich “Baupolizei!“, aber damals, als ich auf dem vereisten Gehsteig ausrutschte, versuchte ich anschließend nur – immer wieder, aber immer wieder vergeblich – von der Hausverwaltung Erhaltungsarbeiten einzufordern. Ich war frustriert, dass die Hausverwaltung die Dachrinnen nicht erneuern ließ, sah aber keine Möglichkeit, sie dazu zu zwingen.
Dann passierten zwei Dinge in relativ kurzer zeitlicher Abfolge: Ein Bekannter wurde fast von einem herabstürzenden Mauerteil eines Mehrparteienhauses getroffen, was dazu führte, dass die Baupolizei informiert wurde, die unverzüglich Sicherungsmaßnahmen vornahm und Reparaturarbeiten anordnete. Und wenig später verfassten einige Miteigentümer meiner Liegenschaft einen Brief, der von der Hausverwaltung an alle anderen Eigentümer/innen verschickt wurde, in dem sie die Miteigentümer/innen darüber informierten, dass die Dachgesimse der Liegenschaft in schlechtem Zustand seien, sie herabfallen könnten und Gefahr für Menschen bestehen würde.
Das war der Moment des Geisteblitzes, in dem mir klar wurde, dass ich eigentlich eine Anzeige bei der Baupolizei erstatten könnte. Ich war ja ausgerutscht, es bestand Gefahr für die Gesundheit bzw. sogar das Leben der Menschen in der Liegenschaft durch Eisbildung auf den Gehsteigen im Winter, und ich konnte mit Fotos nachweisen, dass die Dachrinnen verrostet waren.
Ich erstattete also Anzeige bei der Baupolizei und erwähnte auch die von meinen Miteigentümern vorgebrachten Mängel in meinem Brief: rissige Gesimse, korrodierte Terrassengeländer, schadhafte Abdichtungen von Balkonen und durchrostende Verblechungen von Fensterbänken.
Gefahr für Leib und Leben!
Ich war nicht besonders erstaunt, als wenig später die von der Baupolizei zu einer Stellungnahme aufgeforderte Hausverwaltung meinte, die von den anderen Miteigentümern beschriebenen Mängel seien gar nicht so schlimm und es würde keine Gefahr bestehen, dass Teile des Dachgesimses herunterfallen würden. Da hätten diese Eigentümer wohl etwas falsch verstanden….
Ich war auch nicht erstaunt, dass die Hausverwaltung meinen Vorwurf bezüglich der defekten Dachrinne zurückwies und meinte, meine Darstellung sei nicht richtig, es gäbe zwar Korrosionsschäden, aber die Dachrinnen bzw. die Abflußrohre der Dachrinnen seien nicht löchrig.
Ich hatte allerdings ein Foto als Beweis an die Baupolizei übermittelt, und da sieht man, wie sich am Boden gerade eine Wasserpfütze beim Abflußrohr einer Dachrinne bildet — ich hatte damals Glück, und ging zufällig an einem der drei Gebäude “meiner” Liegenschaft vorbei, als der damalige Bewohner einer Wohnung des obersten Dachgeschoßes die Pflanzen auf seiner Terasse goß, mit richtig viel Wasser.
Im Sommer ist so eine Pfütze harmlos, aber im Winter bildet sich eine Eisfläche, wenn das Abflußrohr einer Dachrinne nicht mehr dicht ist.
(Auf einem weiteren Foto sieht man, wie an der Außenseite des Abflußrohres Wasser herabrinnt. Der damalige Bewohner dieser Terassenwohnung goß immer mit großer Energie seine Pflanzen und ich bin ihm nachträglich sehr dankbar für das eifrige Gießen der Pflanzen, weil er mir die Beweise lieferte, die ich brauchte.)
Die Baupolizei glaubte also mir und nicht der Hausverwaltung und ordnete Erhaltungsarbeiten an, die innerhalb weniger Wochen dann auch durchgeführt wurden. Ich kann mich jetzt nicht mehr genau daran erinnern, wie lange alles dauerte, vom Zeitpunkt der Anzeige bis zur Durchführung der notwendigen Reparaturen. Aber ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mir dachte, “das ging ja schnell”.
Und falls Sie sich jetzt fragen, ob es Löcher in den Abflußrohren der Dachrinnen gab oder es sich nur um oberflächliche Korrosionsschäden handelte, wie die Hausverwaltung behauptete: Ja, die gab es. Die Abflußrohre waren durchlöchert, die Handwerker, die mit den Reparaturarbeiten beauftragt wurden, haben ihre Arbeit ausführlich fotografisch dokumentiert und die Fotos ihrer Rechnung beigelegt. Der Zustand der Abflußrohre der Dachrinnen war sogar noch schlimmer, als ich dachte.