Unzufrieden mit der Hausverwaltung? Zuständigkeiten der Baupolizei (Teil 4 – gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmaßnahmen)

In diesem vierten Artikel über die Zuständigkeiten der Baupolizei im Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwaltung von Mehrparteienhäusern möchte ich ein Beispiel beschreiben, bei dem es um gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmaßnahmen geht.

In Teil 1 dieser Artikelserie über die Möglichkeiten einzelner Wohnungseigentümer/innen, ihre Hausverwaltungen indirekt – über den Umweg der Baupolizei – zum Handeln zu zwingen, habe ich beschrieben, wie ich bei meinen eigenen Recherchen vorgehe. In diesem ersten Artikel finden Sie auch wichtige Links für Ihre eigenen Recherchen. In Teil 2 und Teil 3 dieser Artikelserie habe ich Beispiele beschrieben, bei denen es um die Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen geht.

In dem heutigen vierten Artikel geht es um die sichere Nutzung der Liegenschaft, explizit um die Anbringung eines gesetzlich vorgeschriebenen Handlaufs. Ganz grundsätzlich geht es aber um die Frage, in welchem Tempo eine Hausverwaltung handeln muss, und ab wann man von “grober Pflichtverletzung” (laut § 21 Abs. 3 des Wohnungseigentumsgesetzes 2002) sprechen kann.

In einem Schreiben vom 2. Oktober 2023 informierte die Hausverwaltung die Eigentümerinnen und Eigentümer “meiner” Liegenschaft, dass bei dem Zugangsweg, der zu einem der Stiegenhäuser führt, ein Handlauf verpflichtend anzubringen ist, da zwei Stufen überwunden werden müssen. (Dieses Schreiben vom 2. Oktober 2023 ist das Protokoll der Eigentümerversammlung vom September 2023, in dieser Versammlung wurde über das Anbringen von Handläufen gesprochen.).

Die Notwendigkeit für diese Maßnahme wurde im Zuge einer Vor-Ort-Begehung festgestellt. In dem Schreiben wird auf die OIB-Richtlinie 4 verwiesen, die sich mit Aspekten der Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit beschäftigt, und die Hausverwaltung weist darauf hin, dass die Vorgaben dieser Richtlinie für die Wiener Bauordnung relevant und somit verpflichtend umzusetzen sind. Die Hausverwaltung informiert über die technischen Mindestvorgaben (vorgeschriebene Länge) und die damit verbundenen Kosten (lächerlich gering!). Die Hausverwaltung informiert die Eigentümerinnen und Eigentümer, dass diese Erhaltungsarbeiten beauftragt werden.

Eigentlich ist das ein sehr einfacher Fall. Eine gesetzlich vorgeschriebene Erhaltungsmaßnahme für die sichere Nutzung der Liegenschaft, die noch dazu sehr billig umgesetzt werden kann. Ich bin der Meinung, dass in so einem Fall, in dem es um die Sicherheit und somit um die potentielle Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Menschen geht, ganz grundsätzlich immer mit einer Feuer-unter-dem-Arsch-Geschwindigkeit gehandelt werden sollte. Als Eigentümerin bin ich ja haftbar, wenn ein Mensch stürzt und ein Handlauf fehlt. In solchen Fällen erwarte ich von der Hausverwaltung “meiner” Liegenschaft, dass sie unverzüglich handelt.

Aber schauen wir uns diesen Fall einfach einmal genauer an….

Am 4. April 2023 gab es eine Vor-Ort-Begehung der Liegenschaft mit Mitarbeitenden der Hausverwaltung, an der auch Eigentümerinnen und Eigentümer teilnehmen konnten. Es wurde auf einige wichtige Erhaltungsmaßnahmen hingewiesen und bei dieser Begehung wurde von den Mitarbeitenden der Hausverwaltung zum ersten Mal erwähnt, dass bei einem Zugangsweg zu einem der Stiegenhäuser einer Handlauf fehlt, der aber gesetzlich vorgeschrieben ist.

Man kann also ein Datum fixieren, an dem der Hausverwaltung bereits nachweislich bewußt war, dass es in dieser Angelegenheit eine dringende, gesetzlich zwingend vorgeschriebene Erhaltungsmaßnahme gab.

Meine erste Frage im Zusammenhang mit diesem Datum 4. April 2023 ist, wieso diese Erhaltungsmaßnahme nicht schon vor dem 4. April 2023 in Auftrag gegeben wurde. Wenn eine Hausverwaltung den Eigentümerinnen und Eigentümern an einem bestimmten Tag etwas mitteilt, ergibt sich daraus logisch, dass die Mitarbeitenden der Hausverwaltung schon vor diesem Stichtag darüber Bescheid wussten. Wenn die Hausverwaltung mir etwas am 4. April 2023 mitteilt, wusste sie spätestens auch schon am 3. April 2023 darüber Bescheid.

Wieso wurde diese Erhaltungsmaßnahme also nicht spätestens am 4. April 2024 in Auftrag gegeben? Es handelt sich ja um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, die Hausverwaltung kann selbstständig Entscheidungen treffen und Handwerker beauftragen. Die Kosten für das Anbringen dieses gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Handlaufs (Material und Arbeitszeit) sind lächerlich gering.

Ich verstehe das nicht, weshalb die Hausverwaltung nicht spätestens an diesem Tag gehandelt hat.

… Aber es wurde nicht gehandelt.

Das nächste Lebenszeichen der Hausverwaltung in dieser Angelegenheit erfolgte während der Eigentümerversammlung im September 2023 und schriftlich am 2. Oktober 2023, also ziemlich genau sechs Monate nach dieser Vor-Ort-Begehung. Ein halbes Jahr lang wurde diese gesetzlich zwingend vorgeschriebene Erhaltungsarbeit nicht beauftragt.

Warum?

Ich habe in den folgenden Wochen und Monaten mehrmals die Durchführung dieser Erhaltungsarbeit schriftlich und mündlich eingefordert, und schießlich am 18. März 2024 eine Anzeige bei der Wiener Baupolizei eingereicht.

In meinem Brief an die Baupolizei habe ich unter anderem Folgendes geschrieben: “Mir ist klar, dass ich die Anzeige gegen die Eigentümergemeinschaft – und somit auch gegen mich selbst – erstatten muss, aber ich habe es satt, dass die Hausverwaltung nicht handelt. Es geht in dieser Angelegenheit ja auch um Haftung. Falls jemand stürzt, bin ich als Eigentümerin haftbar. Diese Anzeige dient auch zu meinem Schutz, falls jemand stürzt.”

Denn haftbar ist immer die Eigentümergemeinschaft, eine Hausverwaltung handelt immer nur im Auftrag und im Namen der Eigentümergemeinschaft – ich bin zwar keine Juristin und gebe keine Rechtsauskunft, aber schauen Sie sich einmal die Abrechnungen Ihrer eigenen Liegenschaft an! Rechnungsempfänger ist immer die Eigentümergemeinschaft. Deshalb ist es auch wichtig, dass man sich als Wohnungseigentümer/in um Liegenschaftsagenden kümmert und sich nicht auf die Hausverwaltung verlässt.

©-Ingrid-Haunold

Aber zurück zur Baupolizei: Auf die Baupolizei ist immer Verlass!

Am 6. Juni 2024 wurde dieser gesetzlich zwingend vorgeschriebene Handlauf schließlich montiert. Auf dem Foto sehen Sie diesen wunderschönen Handlauf, ein ähnliches Modell finden Sie vielleicht nicht in jedem, auf jeden Fall aber in jedem größeren Baumarkt.

Fassen wir zusammen: Ich kann dokumentieren, dass die Hausverwaltung spätestens am 4. April 2023 wußte, dass Handlungsbedarf besteht, aber erst am 6. Juni 2024 – 14 Monate später – wurde der Handlauf montiert.

Wieso hat das so lange gedauert?

Ich verstehe das einfach nicht, wieso ich als Eigentümerin 14 Monate lang darauf warten und darum kämpfen muss, dass die Hausverwaltung meiner Liegenschaft eine gesetzlich zwingend vorgeschriebene Erhaltungsarbeit durchführt, die wenig kostet, eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung ist, der Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner der Liegenschaft dient, für die das Material in jedem größeren Baumarkt besorgt werden kann und die von jedem Handwerks-Lehrling im ersten Lehrjahr ruck-zuck ausgeführt werden kann.

Im Zusammenhang mit diesem Beispiel ergeben sich für mich drei grundsätzliche Fragen, die ich noch abklären möchte:

1) Seit wann gilt diese Vorgabe, dass ein Handlauf zwingend notwendig ist, wenn zwei Stufen überwunden werden müssen? Bauordnungen und OBI-Richtlinien ändern sich ja kontinuierlich, das ist ganz normal. Etwas, das im Jahr 2024 gesetzlich vorgeschrieben ist, muss nicht auch schon im Jahr 2014 vorgeschrieben gewesen sein. Diese Frage finde ich deshalb wichtig, weil die Hausverwaltung ja seit dem Jahr 2019 “meine” Liegenschaft verwaltet, die Eigentümerinnen und Eigentümer aber zum ersten Mal im Jahr 2023 davon informiert wurden, dass diese gesetzliche Vorgabe existiert. Ist das eine neue Regelung, oder existiert sie schon länger? Wenn sie schon länger existiert, ergibt sich für mich automatisch die Frage, wieso das der Hausverwaltung nicht schon früher aufgefallen ist. Das ist ein Punkt, der für mich ungeklärt ist, und den ich noch recherchieren möchte.

2) Die zweite Frage, die sich ergibt, ist, in welchem Tempo Hausverwaltungen handeln müssen. Was gilt als akzeptabel? Bin nur ich alleine der Meinung, dass 14 Monate viel zu lange sind, um eine gesetzlich zwingend vorgeschriebene Erhaltungsmaßnahme durchzuführen? Wie entscheidet der Oberste Gerichtshof (OGH)? Wann kann man von “Pflichtverletzung” sprechen, und wann kann man von “grober Pflichtverletzung” sprechen?

3) Bei einer groben Pflichtverletzung hat man als einzelne/r Eigentümer/in ja das Recht, einen Gerichtsantrag auf Absetzung der Hausverwaltung zu stellen. Ich glaube nicht, dass ein einzelner Fall von “grober Pflichtverletzung” reichen würde, wenn es sich nicht um einen gravierenden Fall handelt, was bei diesem Beispiel sicher nicht der Fall ist. Aber ich werde in den folgenden Wochen noch mehrere Beispiele anführen, bei denen ich immer wieder die Hausverwaltung – vergeblich – zu einem schnelleren Handeln aufforderte (bzw. in manchen Fällen immer noch auffordere). Ich erwarte von der Hausverwaltung meiner Liegenschaft, dass sie zügig handelt. Das sollte meiner Meinung nach eine Selbstverständlichkeit sein für ein Unternehmen, das Liegenschaften verwaltet.

Auch wenn ein einzelner Fall wie der hier beschriebene nicht ausreicht für einen Gerichtsantrag, reichen vielleicht mehrere ähnliche Vorfälle. Wie viele Beispiele ähnlicher Art sind notwendig, damit ein Richter oder eine Richterin meint, “jetzt reicht’s”?

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