Deutsche Sprache, schwere Sprache: Der Unterschied zwischen “Wahlberechtigten” und “Wählerinnen/Wählern”

Mich nervt unglaublich, dass die Döblinger ÖVP und FPÖ behaupten, dass sich 72% der Anrainerinnen und Anrainer gegen den Radweg in der Krottenbachstraße ausgesprochen haben. In zwei Artikeln habe ich dazu bereits Stellung genommen.

Jetzt versuche ich es noch ein drittes Mal und lege den Fokus nicht auf Mathematik, sondern auf die deutsche Sprache.

Bei einer Wahl besteht die Grundgesamtheit aus den Wahlberechtigten, also aus allen Menschen, die wählen dürfen.

Bei einer Umfrage über “Grätzl-Agenden” kann als Grundgesamtheit die Summe der Anrainerinnen und Anrainer definiert werden, wobei dieser Begriff keine Altersbeschränkung enthält und somit auch minderjährige Kinder umfasst, der Begriff “Wahlberechtigte” in Österreich aber an eine Altersgrenze gebunden ist. Aber nehmen wir einfachheitshalber die gleiche Altersgrenze für “Wahlberechtige” und “Anrainerinnen und Anrainer” an. Und nehmen wir an, dass in jedem Haushalt nur eine einzige “wahlberechtigte” Person lebt.

Der Begriff “Wählerinnen und Wähler” bezeichnet all diejenigen wahlberechtigten Menschen, die sich an einer Wahl beteiligen.

Bei einer Umfrage wird es sprachlich etwas komplizierter, da müsste man sagen, “all diejenigen Anrainerinnen und Anrainer, die aufgrund ihres Alters berechtigt sind, sich an einer Umfrage zu beteiligen und sich auch tatsächlich daran beteiligen”. Nennen wir sie “Umfrage-Beteiligte”.

Wenn sich 72% der Umfrage-Beteiligten gegen den Radweg auf der Krottenbachstraße aussprechen, sind das nicht 72% der Anrainerinnen und Anrainer. Das ist weder dasselbe, noch das Gleiche.

Wenn an 7.515 Haushalte je eine “Abstimmungs”-Karte für die Beteiligung an der Umfrage verschickt wird, werden 7.515 Anrainerinnen und Anrainer als Grundgesamtheit definiert. Wenn 2.694 gültige Antwortkarten retourniert werden und ich – mangels Zusatzinformationen – annehme, dass alle Antwortkarten gültig waren, dann liegt die Umfragebeteiligung bei (gerundet) 35,85%. Wenn sich 72% der Umfrage-Beteiligten gegen den Radweg aussprechen, dann sind das (gerundet) 1.940 Personen (= Umfrage-Beteiligte).

1.940 Menschen aus einer Grundgesamtheit (Anrainerinnen und Anrainer!) von 7.515 Personen (= 1 Person pro Haushalt) sind aufgerundet 26%.

Somit haben sich nur rund 26% der Anrainerinnen und Anrainer gegen den Radweg in der Krottenbachstraße ausgesprohen.

“Wahlberechtigte” und “Wählerinnen und Wähler” sind keine synonymen Begriffe. Auch “Anrainerinnen und Anrainer” und “Umfrage-Beteiligte” sind keine synonymen Begriffe.

Deutsche Sprache, schwere Sprache.

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